„Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, so besagt es ein afrikanisches Sprichwort. Das Engagement der Eltern alleine reicht meistens nicht aus, um ein Kind zu einem zufriedenen, sozial kompetenten und erfolgreichen Menschen zu erziehen.
Die Stelle des afrikanischen Dorfs nähmen in der modernen Gesellschaft Kindertagesstätten, Schulen und andere Bildungseinrichtungen sowie Angebote der Kinderbetreuung ein, sagt Diplom-Sozialpädagoge Reinhard Baumann von der Beratungsstelle des Landkreises Fulda für Eltern, Kinder und Jugendliche. Und in vielen Fällen seien Großeltern, Paten sowie andere nahestehenden Personen für die Eltern wichtige Unterstützer und für die Kinder liebgewordene erwachsene Partner.
Andererseits bestehe aber auch die Gefahr, dass es scheine, Oma und Opa wüssten alles besser. Wenn es dann darüber zum Streit komme, rechtfertigten sich die Großeltern damit, sie meinten es doch nur gut. Und Eltern wiederum pochten darauf, dass die Erziehung der Kinder ihre Sache sei und sie bestimmten, wo es langgehe. Reinhard Baumann gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Spannungen zwischen Großeltern und Eltern oft mit Abhängigkeiten und ungelösten Konflikten aus der gemeinsamen Vergangenheit zu tun hätten. „Dabei wünschen sich gestresste Eltern manchmal einen guten Rat“. sagt Baumann.
Wenn Großeltern aber einsehen würden, dass sie eben in der zweiten Reihe stünden,. Wenn sie sich Zurückhaltung auferlegten und sich nicht ungefragt in den Alltag einmischten, dann seien sie als Gesprächspartner der Eltern in Erziehungsfragen meist sehr willkommen. Auch unterschiedliche Sichtweisen dürften sein und sollten nicht miteinander konkurrieren. Denn Großeltern und Eltern müssten gegenüber den Enkeln keineswegs immer an einem Strang ziehen. „Kinder kommen mit unterschiedlichem Erziehungsverhalten ganz gut klar“, sagt der Sozialpädagoge. Dagegen könnten sie nur schwerlich mit scharfer Konkurrenz und endlosen Auseinandersetzungen zwischen Menschen umgehen, die ihnen gleichermaßen lieb sind und am Herzen liegen.
Helfen könne es, wenn die Aktivitäten und Gespräche mit den Enkeln ohne Eltern abliefen, denn dann gebe es meist weniger Stress. Zudem falle es Großeltern manchmal schwer, ihre Kräfte realistisch einzuschätzen. Sie dürften aber auch mal „nein“ sagen, und die Eltern sollten das respektieren. Wenn die Nerven tatsächlich mal blank lägen, sei es gut, eine Nacht darüber zu schlafen und sich Zeit für ein offenes Gespräch zu nehmen. Reinhard Baumann: „Konstruktiver Streit ist allemal besser als beleidigter Rückzug.“ Großeltern und Eltern sollten gegenseitig anerkennen, was sie für die Kinder und Enkel leisten. Dafür reiche manchmal schon ein (gegenseitiges) Lob oder Dankeschön.
Info: Die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Fulda ist unter der Telefonnummer (0661) 9015780 oder per E-Mail erziehungsberatung@landkreis-fulda.de zu erreichen und steht auch Großeltern offen. www.erziehungsberatung-fulda.de