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Weihnachtsgruß von Landrat Bernd Woide

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Weihnachten und Neujahr sind für viele Menschen ein Anlass zurückzublicken. Gewiss geht es vielen von Ihnen ähnlich: Das ablaufende Jahr war unbestritten ereignisreich und für Sie persönlich hoffentlich auch mit positiven Erlebnissen verbunden. Doch deutlich gegenwärtig sind allen Bürgerinnen und Bürgern sicher auch die staatlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen und Belastungen, die das Jahr 2022 uns allen abverlangt hat. Wir haben gehofft, die Corona-Pandemie mit ihren negativen Auswirkungen 2022 endlich hinter uns zu lassen, um wieder in ein normales Leben zurückzukehren. Dach dann geschah das Unfassbare: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine! Krieg in Europa – das lag bis dahin jenseits unserer Vorstellung.

Jetzt müssen wir erleben: Nach der Krise ist vor der Krise. Dieser Satz beschreibt die derzeitige gesellschaftliche, staatliche und wirtschaftliche Situation in Deutschland. Der Ukraine-Krieg trifft Europa und Deutschland mit voller Wucht, und nicht nur die außen- und sicherheitspolitischen Auswirkungen sind gravierend. Die Inflation steigt angetrieben von den Energiepreisen auf ein für uns in den letzten Jahrzehnten unbekanntes Niveau, die Zinsen steigen, Lieferketten sind gestört und bringen unsere Wirtschaft in große Probleme, die Verbraucherpreise steigen und die Migration nach Deutschland übersteigt das Niveau der Jahre 2015/2016. All das verunsichert die Mitbürgerinnen und Mitbürger und unsere Wirtschaft zutiefst. Viele machen sich Sorgen und fragen sich: Wie geht es mit mir und meiner Familie weiter? Kann ich mir mein Haus oder meine Wohnung mit den Nebenkosten künftig noch leisten? Behalte ich meinen Arbeitsplatz, kann ich meinen Betrieb, mein Unternehmen aufrechterhalten? Übersteigen die Lebenshaltungskosten meine finanziellen Möglichkeiten?

Auf diese Fragen müssen unser Staat und unsere Gesellschaft Antworten geben. Diese Antworten werden aber künftig zwangsläufig anders ausfallen als bisher. Wir alle haben uns in den letzten Jahrzehnten daran gewöhnt, dass unser Staat und unsere Gesellschaft auf fast jede auftretende soziale, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Problemlage mit finanziellen staatlichen Leistungen reagiert. Das ist bisher immer gut gegangen, weil die wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen ausreichend Spielräume für immer neue staatliche Leistungen schafften.
Dass es so nicht weitergeht, wird den allermeisten klar sein.

Was machen wir mit dieser Erkenntnis, dass unser jahrzehntelang gut funktionierender Plan brüchig wird? Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, als Bürgerinnen und Bürger und als Gesellschaft neu über unser Verhältnis zum Staat nachzudenken. Wollen wir unseren Staat weiterhin als eine Versicherungsinstitution ansehen, die jede persönliche, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Problemlage löst? Soll das Verhältnis des Bürgers zum Staat wirklich nur noch von Individualrechten und Rechtsansprüchen geprägt sein? Ich meine Nein! Die Gesellschaft überfordert diesen Staat und damit sich selbst, indem sie immer nur fordert, aber wenig einfordert. Wir müssen erkennen, dass Bürgerinnen und Bürgern sicher Unterstützung in Notlagen gewährt werden sollte, diese aber auch Eigenverantwortung für sich und damit für Gesellschaft und Staat tragen.

Der Staat ist zu oft ein abstrakt wirkendes Gebilde – und ist in Wirklichkeit doch schlicht und einfach die Summe aller Bürgerinnen und Bürger. Bringen wir es auf den Punkt: Wir alle sind der Staat, und wir gestalten und finanzieren ihn und wir profitieren von seinen Leistungen. Es wäre viel geholfen, sich bewusst zu machen, wie sehr jeder und jede ein wichtiger Teil des Ganzen ist – in guten und in Krisenzeiten. Verantwortung zu übernehmen, ist nicht nur eine staatliche oder gesellschaftliche Aufgabe, sondern sie betrifft uns auch persönlich. Im Landkreis Fulda gelingt dies immer noch sehr gut, wenn ich an das vielfältige ehrenamtliche Engagement von vielen von Ihnen in Institutionen, Vereinen und Verbänden denke.

Hierin liegt für mich auch die Verbindung zum Weihnachtsfest! Weihnachten zu feiern, heißt nicht nur der Geburt Christi zu gedenken, sondern auch, in der Gegenwart Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Liebe Bürgerinnen und Bürger, in diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein friedvolles und gesegnetes Weihnachtsfest, ein gelingendes Neues Jahr, Glück, Gesundheit, Optimismus, Zufriedenheit und Gottes Segen.

Ihr
Bernd Woide
Landrat